Als mich Ludwig Weiß gebeten hat, anlässlich des 70-jährigen Bestehens unseres Berufsverbandes einen Blick in die Geschichte zu werfen, fiel mir spontan ein Zitat von Albert Einstein ein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“. Lohnt also ein Blick zurück? Unser Vorsitzender beantwortete eindeutig, deshalb hier also ein Versuch des Rückblickes…
Zur Gründungsgeschichte unseres LBM kann auch ich - trotz versuchter Recherche - wenig beitragen. Die gesichertsten Informationen haben wir durch unser langjährigstes Mitglied Klaus-Joachim Anders. Klaus hatte ja schon 2010, anlässlich unserer Jahrestagung in Passau seine Erinnerungen vorgetragen und aufgeschrieben. Daraus darf ich zitieren:
„1949 fuhren auf Anordnung der Geschäftsführung der damaligen BMV (damals Deutschlands größter Molkereibetrieb)von Sulzkirchen/Kreis Beilngries (einem der 24 Zweigbetriebe der BMV) vier Männer nach Nürnberg. Neben dem Molkereiverwalter Willy Knoll waren noch die Fachleute Horst Belgard, Ruppert Lodroner und ich im Auto. Tagungslokal war ein Haus mit Saal am Plärrer in Nürnberg. Ringsherum waren nur Trümmer und Ruinen. Uns war nur bekannt, dass ein Verband wieder gegründet werden sollte. Im Saal waren ca. 150 bis 200 Personen, hauptsächlich Männer versammelt. Auf ein Zeichen hin mussten wir uns alle erheben und bildeten ein Spalier. Unter Beifall zogen drei Männer in den Saal ein. Wie wir erfuhren waren dies:
der frühere Reichsminister der Landwirtschaft Dr. Anton Fehr
der frühere Generaldirektor und Gründer der Bayerischen Milchversorgung Nürnberg und der Molkereizentrale Bayern Adam Pickel
der damalige 1. Direktor der Bayerischen Milchversorgung Georg Schneider
Wie wir dann aus den Ansprachen erfuhren, wollte man einen neuen Verband als Nachfolgeorganisation des von den Nazis 1933 aufgelösten „Stendaler Verband“ gründen. Da Stendal in der sowjetisch besetzten Zone lag, konnte man dem neuen Verband diesen Namen nicht geben. Der „Stendaler Verband“ hatte seine Mitglieder von Tilsit bis Kempten und von Flensburg bis Passau. So entstand der gebietsbezogene „Verband Bayerischer Molkereifachleute und Milchwirtschaftler“ Erster Vorsitzender wurde Dir. Georg Schneider.
Später schlossen sich Bayern und Württemberg zum „Verband der Süddeutschen Molkereifachleute“ zusammen. Diesen Verband leitete Georg Schneider als Präsident. Vorsitzender in Bayern wurde Dir. Sell aus Langenfeld, in Württemberg Leo Hofmann aus Geislingen. Dieser „Süddeutsche Verband“ wurde später wieder aufgelöst.
Dem Gründungstreffen in Franken war schon in Schwaben eine Zusammenkunft in Kempten vorausgegangen. Deshalb erhielt der Regierungsmolkereirat für Schwaben Magnus Saitner die Mitgliedsnummer eins, Georg Schneider die Mitgliedsnummer zwei.
Jeder bayerische Regierungsbezirk hatte damals einen Regierungs- Molkereirat. In Mittelfranken hatten wir einen Regierungs-Molkereirat, welcher seine berufliche Karriere im Gefängnis beendete. In Unterfranken einen solchen welcher zuvor aus den Diensten einer Molkerei entlassen worden war.
Ich (also der Claus Anders) erhielt die Mitgliedsnummer 87 und wurde später in den Landesvorstand als Vertreter der Jugend gewählt. Ich blieb Jugendvertreter bis über mein 70. Lebensjahr hinaus Da sieht man mal, wie lange Milch jung erhält. Ich wollte den Jüngeren nur mal mitteilen, dass dieser Verband nicht vom Himmel gefallen ist“.
Von den Kollegen, die 1949 in den Verband eingetreten sind, sind bis zum heutigen Tag Mitglied:
Claus-Joachim Anders, Oberasbach
Hans Lenk, Wangen
Ernst Möbus, Flachslanden
Walter Schwab, Schirmitz
Die ältesten, heute noch vorliegenden, Aufzeichnungen des LBM stammen aus dem Jahr 1954 und betreffen eine Vorstandssitzung in Nürnberg. Direktor Sell aus Langenfeld zeichnet als Landesvorsitzender, sein Stellvertreter war Herr Walther aus Kitzingen. Interessant sind die Parallelen zur heutigen Zeit ….. So wurde festgestellt, dass die Zahlungsmoral mancher Mitglieder zu wünschen übrig lässt. Bis 01.10.1954 ergab die Bilanz einen Fehlbetrag von 24.353,40 DM bei den Mitgliedsbeiträgen. Laut dieser Bilanz waren 460 Kollegen Mitglieder des Landesverbandes, der damals noch als „Landesverband Bayern im Verband Süddeutscher Molkereifachleute und Milchwirtschaftler“ firmierte. Die fränkischen Bezirksgruppen stellten mit 149 Mitgliedern die stärkste Gruppe. Insbesondere aus dem Allgäu wurden viele Mitglieder offensichtlich nur als „nominelle Mitglieder“ geführt. Es erfolgte eine lange Aussprache über „das Verhältnis des Landesverbandes zu den Molkerei-Zeitungen“. Manche Themen sind Dauerbrenner und überdauern die Zeit …..
Ich selbst bin seit über 35 Jahren Mitglied des LBM e.V. und ich erinnere mich noch gerne an die ersten Herbsttagungen in Rothenburg. Es war ja für einen jungen Molker immer ein Erlebnis und ein Feiertag, daran teilnehmen zu dürfen. Es war mein Lehrmeister Günter Schwab, der mich damals als jungen Molkereimeister von der Notwendigkeit einer Mitgliedschaft im Berufsverband überzeugt hat.
Als mich Dr. Frank Johst im Herbst 2003 angesprochen hat, ob ich mit vorstellen könnte seine Nachfolge anzutreten, habe ich schon gründlich überlegen müssen - das Amt ist anspruchsvoll. Und ich würde in große Fußstapfen treten – Frank Johst hatte einen bestens geführten Verband zu übergeben. Ich bin Dir, lieber Frank und Deiner lieben Frau Franziska noch heute für die großzügig gewährte Unterstützung bei der Einarbeitung und den problemlosen Übergang dankbar.
Für mich war auch klar, dass ich diese Funktion nur im Nebenamt ausführen könnte. Meine Arbeit in der Ausbildung des Berufsnachwuchses in Triesdorf stand für mich zu keiner Zeit zur Disposition. Ich bin froh, damals den Entschluss zu einer Zusage gefasst zu haben, so habe ich eine lohnende Zeit über 10 Jahren Dauer verbringen dürfen, mit vielen, vielen schönen Erlebnissen als Geschäftsführer „unseres LBM e.V.“
Wie die erwähnten Herbsttagungen, bilden bis zum heutigen Tag traditionelle Veranstaltungen das Gerüst der Verbandsaktivitäten. Überdauert haben neben der Jahrestagung die Erzeugerberatertagung und die Käsereitechnologischen Sonderlehrgänge. Als damals neues Veranstaltungsformat organisierte ich erstmals 2006 die „Ansbacher Fachgespräche“. Diese werden bis zum heutigen Tag hervorragend von der Praxis angenommen und besucht. Als weiteres „Glanzlicht“ in den Verbandsaktivitäten entwickelte sich das erstmalig im Jahr 2010 angebotene „Wochenende der jungen Fachleute“. Da ich bereits vor meiner „LBM-Zeit“ auch bei der Vereinigung ehemaliger Triesdorfer Molkereischüler die Geschäftsführung erledigte, durfte ich insgesamt 14 Lehrfahrten organisieren, die ersten drei noch zusammen mit Dr. Johst. Besonders lohnend war das Engagement für den LBM e.V. aber stets durch die tagtäglichen persönlichen Kontakte mit den Mitgliedern selbst.
Die weniger geliebten Aufgaben in einer Verbandsgeschäftsstelle betreffen immer Routineaufgaben. Da erging es mir nicht anders als meinen Vorgängern. Hier ist es besonderes mühsam – auch mit professioneller Verwaltungssoftware - die Mitgliederdaten aktuell zu halten. Anschriften und Bankdaten ändern sich halt häufig und nicht immer denken Mitglieder daran, Änderungen auch dem Verband kund zu tun. Rückbuchungen und Recherche sind teuer und lästig für alle Beteiligten. Eine besondere Herausforderung stellte hierbei die Umstellung des Zahlungsverkehres auf IBAN und BIC dar – aber das sind nur die Nebenschauplätze….
Das wirtschaftliche Verbandsgeschäft entwickelte sich in den Jahren zwischen 2005 und 2015 sehr positiv. Rein in Zahlen ausgedrückt bedeutete dies, dass das Verbandsvermögen während meiner Dienstzeit mehr als verdreifacht werden konnte. Die Mitgliederzahl konnte um mehr als 100 Mitgliedschaften gesteigert werden, der Anteil der jungen Mitglieder (< 30 Jahre) hat sich fast vervierfacht. Aber schon Freddy Quinn wusste: „Nichts ist so alt wie der Erfolg von gestern“. Wenn unser Berufsverband auch in diesen Jahren „funktionierte“, hat dies nur bedingt mit dem Geschäftsführer zu tun. Es ist immer ein ganzes Team nötig. Dieses Team fand ich zunächst in unserer Vorstandschaft. Hier gilt mein Dank all jenen Kolleginnen und Kollegen die in der Vorstandschaft und im Beirat stets Ihr Engagement eingebracht haben. Ich bin auch heute noch für das Vertrauen, dass mir die Vorstandschaft - allen voran Ludwig Weiß - entgegen brachte, dankbar. Weitere Teamplayer waren stets die Leiter „unserer Molkereischulen“. Seien es nun die Ehemaligen als auch die Aktuellen. Mein herzlicher Dank gilt hier Johann Peschek, Konrad Kreuzer, Peter Mark, Dr. Valentin Sauerer und Frau Hartner. Besondere Unterstützung erfuhr ich auch stets durch die Milchreferentin im Sächsischen Staatsministerium, Frau Dr. Doris Reimann und durch meinen Freund und Kollegen Dr. Tobias Langer, liebe Doris, lieber Tobi, herzlichen Dank! Unvergessen auch meine Freunde und Unterstützer Max Meier und Kurt Fickel, die leider nicht mehr unter uns sind. Dankbar bin aber vor allem aber allen Mitgliedern und Freunden die durch ihr Kommen, durch ihre Beteiligung, die Arbeit des LBM erst lohnend machten. Ein besonderer Dank gilt auch meiner lieben Frau – ohne sie und ihr Verständnis wäre es nicht gegangen.
„Harry S. Truman wurde kurz vor seinem Ausscheiden nach siebenjähriger Amtszeit als US-Präsident gefragt: "Herr Präsident, können Sie uns eine Bilanz Ihrer Amtszeit geben?" - "Gern", erwiderte Truman, "ich war kein großer Präsident, aber ich habe eine wunderbare Zeit mit dem Versuch verbracht, einer zu werden..."
Ich habe über 10 Jahre mit dem Versuch verbracht, dem LBM e.V. ein akzeptabler Geschäftsführer zu sein. Eine Beurteilung überlasse ich anderen. Für mich waren es jedenfalls lohnende, wunderbare Jahre. Ich kenne den LBM als Platz, in dem man Kolleginnen/en trifft und Freundschaften schließt. Ich bin sicher, dass uns allen dieser Platz erhalten bleibt und freue mich auf noch möglichst viele Jahre, in denen wir alle diese Freundschaften pflegen und genießen können. – Es lebe unser LBM!
Rudolf Raith, Ansbach
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